Der textblog im Februar 2009:

Binnen-i: Fluch oder Segen?

Aus aktuellem Anlass sei hier hinzugefügt:

In Sachen geschlechtsneutraler Sprache hat die Grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger neulich den Vogel abgeschossen, als sie von „Anrainern und Anrainerinnen“ sprach. Bravo (oder müsste es in diesem Fall nicht Brava heißen?), Frau Abgeordnete, das kommt gleich nach „Gäste und Gästinnen“!

Meist sind es ja die kleinsten Dinge, die zu den größten Problemen zwischen den Geschlechtern führen. Man denke an die unsachgemäß ausgedrückte Zahnpastatube, die angeblich schon einmal als Scheidungsgrund herhalten musste. Ähnlich verhält es sich mit der zuweilen recht emotional geführten Diskussion um die geschlechtsneutrale Schreibweise mittels Binnen-i. (Wenn mehrere Personen beiderlei Geschlechts gemeint sind, wird einem Substantiv dessen weibliche Endung „innen“ angehängt, wobei das „I“ groß geschrieben wird; also z.B.: ArbeiterInnen, StudentInnen etc.)

Das Binnen-i ist aber aus einem einfachen Grund überflüssig: Bereits vor seiner Einführung war die deutsche Sprache geschlechtsneutral.

Im Deutschen erhalten alle Substantive, gleichgültig welchen Geschlechts, in der Pluralform den weiblichen Artikel: die. Es heißt beispielsweise der Mensch aber die Menschen, der Gast aber die Gäste, der Mann aber die Männer sowie selbstverständlich die Frau und die Frauen. Das setzt sich bei den Personalpronomina fort: z. B. „Sie sind da, die Männer und die Frauen.“

Dass dieses Argument nicht abwegig ist, zeigt ein Blick auf die französische Sprache: Hier werden alle Substantive in der Mehrzahl mit dem männlichen Pronomen versehen, sobald beide Geschlechter gemeint sind. Also z.B. „Ils sont là, les hommes et les femmes. “ Nur dann, wenn alle Mitglieder einer Gruppe weiblich sind, kommt das weibliche Pronomen zum Einsatz: „Elles sont là, les femmes.“ Auch der Pluralartikel „les“ liegt phonetisch näher beim männlichen Singularartikel „le“ als am weiblichen „la“.

Das Binnen-i als ausgleichendes Element ist also nicht notwendig – die deutsche Sprache ist im Plural bereits und seit jeher geschlechtsneutral. Nämlich durch Verwendung des weiblichen Artikels für alle – auch männliche – Substantive im Plural.

Geschäftsberichte werden kaum gelesen

Alarmierende Studie: Die Kommunikation via Geschäftsbericht scheitert bei einem Großteil der angepeilten Zielgruppe.

Eine Studie des Deutschen Aktien Institut DAI stellt den Geschäftsberichten börsenotierter Unternehmen ein schlechtes Zeugnis aus: Nur 44 % der privaten Anleger lesen den Jahresbericht und sogar nur 32 % die Quartalsberichte. Die Umfrage wurde unter 470.000 Kleinaktionären durchgeführt.

Als „Katastrophe für Aktienunternehmen“ bezeichnet dies einer der Studienautoren, der Bochumer Wirtschaftsprofessor Bernhard Pellens (siehe dazu auch einen Artikel in der Tageszeitung Die Presse vom 16. Jänner 2009).

Als Gründe für die schlechte Akzeptanz der Geschäftsberichte durch die Privatanleger werden zwei Faktoren genannt: die große Menge an Informationen und die schlechte Verständlichkeit der Texte.

Der Umfang der Berichte kann wahrscheinlich schwer vermindert werden – großes Potenzial aber bietet die Verbesserung der Texte. Hier liegt der Schlüssel für die Optimierung der Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren privaten Aktionären. Wie Sie so schreiben, dass Ihre Informationen die Zielgruppen erreichen, erfahren Sie aus der Fachliteratur oder in entsprechenden Seminaren.

Ich empfehle diesbezüglich die Bücher von Wolf Schneider („Deutsch für Profis“), Bastian Sick („Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod“) sowie mein Textseminar „Ausdruck macht Eindruck“: www.textseminar.at

Quellen: Deutsches Aktien Institut www.dai.de, Die Presse www.diepresse.com

Computer vom nicht irgendwem?

Der Computerhändler DiTech wirbt derzeit mit folgendem Slogan für einen Laptop: „Vom Spezialisten und nicht irgendwem.“ Hier steht das Wörtchen „vom“ sowohl in Zusammenhang mit dem Objekt, nämlich „Spezialisten“ als auch mit dem Indefinitpronomen, nämlich „irgendwem“. Was der oder die für den Text Verantwortliche dabei aber leider übersehen hat: „vom irgendwem“ ist leider nicht Deutsch, sondern Kauderwelsch.

Wenn ich so etwas lese, frage ich mich, wer bei der betreffenden Agentur oder auch beim Auftraggeber für die Texte verantwortlich ist. Da wird viel Geld für Konzeption, Kreation, Produktion und Schaltung ausgegeben und gleichzeitig beim Text derart gepatzt.

Jetzt könnte man natürlich argumentieren, das sei eine Kleinigkeit und falle doch niemandem auf, außer ein paar Textspezialisten. Aber genau das bestreite ich: Selbst jemand, der nicht definieren kann, was an diesem Satz nicht passt, lehnt die Botschaft unterschwellig ab, weil sie so ungelenk daher kommt. Diese Theorie mag man für richtig halten oder nicht – es würde sich jedenfalls auszahlen, nur ein wenig mehr Gedanken für die Textgestaltung aufzuwenden. Dann hätte man nämlich eine Werbebotschaft, die nicht nur etwas aussagen will sondern es auch auf die richtige Weise tut – was mit Sicherheit Einfluss auf die Wahrnehmung durch die Zielgruppen hat.