NMH, ein guter Freund und treuer Leser des Textblog, hat mir folgenden Beitrag geschickt. Das Beispiel ist zwar nicht mehr ganz taufrisch, aber das tut seinem Unterhaltungswert keinen Abbruch; wir dürfen außerdem getrost davon ausgehen, dass in Österreichs Amtsstuben nach wie vor solche Satzmonster eine weit verbreitete und mit verschmitzter Leidenschaft gezüchtete Spezies sind.
„Satziputzi des Jahres“, Herbert Hufnagl im KURIER, 15. April 1998:
„In der österreichischen Amtssprache nimmt der Langsatz eine hervorstechende Position ein. Generationen von Beamten feilen an ihm, was dabei herauskommen kann, fällt oft in den Bereich des Kunstwerkes. Wie z. B. dieser, entstanden im Magistratischen Bezirksamt Wien-Alsergrund:
Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der (…) zu verantworten, daß diese Gesellschaft am (…) in ihrem Kaffeehaus in Wien (…) insoferne nicht vorgesorgt hat, daß Lebensmittel nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt wurden, obwohl das nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung zumutbar war, als die in der Küche von der Küchenkraft (…) beim Hantieren mit Lebensmitteln getragene Küchenschürze, rechteckig, ca. 75 x 85 cm groß, ehemals weiß, aus Baumwolle, mit zwei ca. 80 cm langen Bändern, extrem stark verschmutzt und äußerst unappetitlich war, da die Bauchgegend und der Hüftbereich großflächig grünlich bis dunkelgrau verschmiert sowie die Schürze an der unteren Ecke mit rostbraunen Flecken verunreinigt war sowie auch muffig, dumpf, etwas nach Gewürzen (Küchengeruch) roch, wobei durch die Unterlassung des gründlichen Waschens dieser Schürze, das nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung zumutbar gewesen wäre, die Möglichkeit bestand, daß durch die bereits vorhandene mikrobielle Verunreinigung und Anreicherung von koagulase-positiven Staphylokokken, somit durch Übertragung von Schutzpartikeln eine hygienisch nachteilige Beeinflussung der Lebensmittel begünstigt hätte werden können.
Diese 177-Wörter-Strafverfügung ist für mich das Satziputzi des Jahres, wozu dem Verfasser zu gratulieren ist. Man sollte ihm die verhängte Geldstrafe von öS 3.000 gutschreiben.“