Hast du Kartoffel?

Schon der selige Karl Valentin hat mit seinen „Semmelnknödeln“ die heikle und lebenswichtige  Frage aufgegriffen: Bekommen Wörter, die auf „l“ enden im Nominativ Plural ein „n“ angehängt oder nicht? Wenn man sich in unseren Breitengraden so umsieht, könnte man meinen, dass es nicht so ist. Da stand zum Beispiel neulich auf der Menütafel meines Stammbeisls: „Wiener Schnitzel mit Petersilkartoffel“. Hm, dachte ich, werde ich heute mit nur einem einzigen Exemplar der nahrhaften Knolle abgespeist? Ähnliches geht mir durch den Kopf, wenn ich in der Gemüseabteilung des Supermarkts lese: „Heurige Kartoffel, 0,99“. Da scheint die Ernte dieses Jahr schlecht ausgefallen zu ein, dass die für ein Stück 99 Cent verlangen. An der Kassa informiert mich ein Werbeschild: „Die Rabattmarkerl sind wieder da.“ – und ich vermisse schon wieder das „n“, das hierher gehört, selbst wenn zugebenermaßen das Wort „Rabattmarkerln“ etwas sperrig wirkt.

Wie sieht’s also nun wirklich aus mit dem „n“ hinter dem „l“? Des Pudels Kern: Alle weiblichen und sächlichen Substantive auf „l“ erhalten in der 1. Person Mehrzahl ein „n“ angehängt – alles andere ist Umgangssprache, auch wenn viele Menschen glauben, das Gegenteil sei der Fall. Es heißt also, „die Kartoffeln“, „die Semmeln“, „die Markerln“, „die Rodeln“, die Wadeln“ usw.; nur die männlichen Hauptwörter auf „l“ bleiben in der 1. Person Plural unverändert. Es heißt also „die Knödel“, „die Zettel“, „die Hammel“ etc.

3 Meinungen zu “Hast du Kartoffel?

  1. Harald Steindl

    Also folgerichtig: Das Schnitzel aber die Schnitzeln.
    Der knausrige Wirt wolle Dich also auch mit nur einem der geliebten Fleischstücke abspeisen, weil doch „Schnitzel mit Kartoffel“ auf jeweils nur ein Stück verweist.
    :-)

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    1. Mathias Miller-Aichholz

      Nicht ganz, lieber Harald. Das Wiener Schnitzel tritt ja als Speise für eine Person nicht in der Mehrzahl auf. Mehrere Leute können mehrere Wiener Schnitzeln essen, aber ich in diesem Fall nur eines – selbst wenn es vielleicht aus zwei oder mehr Stücken besteht 😉

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  2. Leif-Ove Murayama

    Bei diesem Thema scheint Sie Ihr Sprachgefühl verlassen zu haben.
    Zunächst zum ersten Beispiel, dem „Wiener Schnitzel mit Petersilkartoffel“: „Mit“ regiert den Dativ, nicht den Nominativ, und Schnitzel steht, so wie auf Speisekarten bei Gerichten üblich, im Singular. Dieses Beispiel eignet sich somit nicht zur Klärung, ob das Morphem n an den Nominativ Plural tritt. Der Dativ Plural endet übrigens bei allen Nomen auf -el auf -n.

    Womit wir beim tatsächlichen Kern des Pudels wären, den Nomen auf -el (nicht: -l; Wörter wie Spiel, Mahl usw. haben damit nichts zu tun):
    Bei den Nomen auf -el muss man sich nur eine Regel merken, dann lassen sich bis auf wenige Ausnahmen (wie Stachel, Muskel, Pantoffel) alle Wörter problemlos deklinieren: Maskuline und neutrale Nomen auf -el haben außer im Dativ (siehe oben) keine Pluralendung, feminine haben hingegen die Pluralendung -n. Wieso? Weil sie sie zur Unterscheidung von den Singularformen benötigen.

    Beispiel Kugel:
    Singular: 1. die Kugel, 2. der Kugel, 3. der Kugel, 4. die Kugel.
    Plural: 1. die Kugeln, 2. der Kugeln, 3. den Kugeln, 4. die Kugeln.

    Maskuline und neutrale Nomen benötigen diese Unterscheidung aufgrund der unterschiedlichen Artikel (bzw. der Endung der vorangehenden Wortform) nicht.

    Beispiel Teufel:
    Singular: 1. der Teufel, 2. des Teufels, 3. dem Teufel, 4. den Teufel.
    Plural: 1. die Teufel, 2. der Teufel, 3. den Teufeln, 4. die Teufel.

    Sie haben also in der Hinsicht recht, dass die Pluralbildung der Nomen auf -el nur vom Genus (grammatisches Geschlecht) abhängt. Aber wie Sie darauf kommen, dass neutrale Nomen auf -el im Nominativ Plural auf -n enden, ist mir schleierhaft. Das n wäre schlicht falsch.
    Freilich müssen Sie meinen Worten kein blindes Vertrauen schenken. Schauen Sie zum Beispiel einfach ins ÖWB oder in den Rechtschreibduden: Dort finden Sie nach dem jeweiligen Nomen samt zugehörigem Artikel stets den Genitiv Singular und (sofern das Wort überhaupt einen Plural hat) den Nominativ Plural angegeben. Jedes ausführliche Grammatikbuch wird Ihnen ebenfalls obige Darstellung der Nomen auf -el bestätigen.

    Was die Nomen auf -erl betrifft, also auch das Markerl, ist das n im Nominativ Plural fakultativ.

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