Wenn man so durch die deutsche Textlandschaft streift, begegnet man hauptsächlich dem Punkt, dem Fragezeichen und dem Rufzeichen – Gedankenstrich, Doppelpunkt und Strichpunkt hingegen sind seltene Passanten. (Den Beistrich trifft man zwar immer wieder, aber dafür oft an den falschen Stellen – und dann wieder dort nicht, wo man ihn gerne sehen würde.)
Dabei sind die verschiedenen Satzzeichen ausgesprochen hilfreich, um einen Text lebendig, flüssig und prägnant zu gestalten – Gedankenstrich, Strichpunkt und Doppelpunkt spielen jeder für sich eine wichtige Rolle im Sprachtheater.
Der bekannte deutsche Journalist und Sprachexperte Wolf Schneider drückt den Unterschied zwischen Punkt und Doppelpunkt folgendermaßen aus: „Wenn der Punkt eine Wand ist, so ist der Doppelpunkt eine Tür.“
Der Strichpunkt ist hilfreich, wenn ein Punkt eine zu starke Trennung zwischen zwei Aussagen wäre, mit Beistrich aber der Satz zu lang werden würde. Das auch Semikolon genannte Satzzeichen ist zwischen Punkt und Beistrich angesiedelt – durchlässiger als der erste, trennender als der zweite. Um beim Vergleich von Wolf Schneider mit der Wand und der Tür zu bleiben, ist der Strichpunkt so etwas wie ein Raumteiler.
Das heißt, der Punkt schließt eine Botschaft ab. Wenn wir einen Punkt sehen, wenden wir uns innerlich schon der nächsten Aussage zu. Ausgerechnet in einem Artikel über gutes Schreiben im Internet habe ich neulich folgenden Text gelesen: „Websites haben heute vorwiegend aktivierende Funktion. Sorgen für Orientierung.“ Was der Autor dabei vergisst: „Sorgen für Orientierung“ heißt nichts, das ist kein Satz. Nach einem Punkt erwartet unser Gehirn aber einen vollständigen Satz mit einer logisch nachvollziehbaren Aussage. Bekommt es diesen nicht geliefert, leidet der Lesefluss.
Durch den Punkt habe ich mit der ersten Information bereits abgeschlossen, erwarte also bereits die nächste; dann folgt aber das Fragment einer Aussage, das inhaltlich noch zur ersten gehört. Hier hätte ein Beistrich oder ein Doppelpunkt viel besser gepasst und die Botschaft ganz verständlich vermittelt, z. B.: „Websites haben heute vorwiegend aktivierende Funktion: Sie sorgen für Orientierung.“
Kürze ist wichtig beim Texten, das stimmt. Aber nicht alles, was kurz ist, ist auch verständlich und prägnant, wie man an obigem Beispiel erkennen kann.
In der Werbung, wo Prägnanz ja besonders wichtig sind, passiert dieser Fehler dementsprechend oft. Derzeit läuft beispielsweise die Kampagne für den neuen VW Touareg mit der Headline: „Senken Sie den Verbrauch. Nicht Ihre Ansprüche.“ Also: ein Hauptsatz, dazu ein Satzfragment ohne eigene Aussage, dazwischen ein Punkt. Mir konnte noch niemand glaubhaft erklären, dass diese Schreibweise weniger prägnant ist als: „Senken Sie den Verbrauch, nicht Ihre Ansprüche.“ Andererseits ist eines sicher: Die erste Formulierung verschlechtert die Verständlichkeit der Botschaft.