Ausdruck macht Eindruck.

Was die Logik vereint hat, soll der Mensch nicht trennen.

Eine wichtige Regel für klares, verständliches Texten ist jene, nicht zu trennen, was inhaltlich zusammengehört. Darauf müssen wir im Deutschen besonders aufpassen, denn bei uns wird die Satzaussage ans Ende gestellt – anders als beispielsweise im Englischen oder Französischen. Wir schreiben ja nicht: „Gestern ging ich ins Kino mit meinem Freund“, obwohl das eigentlich für den Empfänger der Information leichter zu verstehen wäre: Zuerst wird die eine Information abgeschlossen („Gestern ging ich ins Kino“), dann folgt die nächste („mit meinem Freund“).

Ist der  Satz so kurz, fällt der Unterschied noch nicht stark auf, aber nehmen wir an, wir wollen über den Freund mehr erzählen – da kann’s kompliziert werden: „Gestern ging ich mit meinem Freund, der kurz vorher aus seinem Urlaub in Thailand, wo er jedes Jahr zwei Wochen zum Tauchen verbringt, zurückgekehrt war, ins Kino.“ Bis man erfährt, worum es eigentlich geht, hat man den Faden längst verloren.

Ein nettes Beispiel für einen Fehler dieser Art ist mir in der aktuellen Ausgabe einer Segelzeitschrift begegnet: „Ich bin gleichzeitig Chef und Angestellter, Kloputzer und Kapitän, Techniker und Psychologe, schildert Ralph Lehner, seit Jahren Skipper auf der noblen Baltic 87 einer deutschen Industriellenfamilie seinen Alltag.“ Also: Ralph Lehner schildert seinen Alltag; darum geht es, das ist die Aussage – und das sollte daher nicht durch einen kilometerlangen Einschub von einander getrennt werden.
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Frohes neues, fallfallenfreies Jahr!

Kennen Sie die Fallfalle? Hier ein Beispiel; vor ein paar Tagen habe ich in einem offenen Brief unseres geschätzten Bundespräsidenten ans Wirtschaftsblatt Folgendes gelesen: „… habe ich von vielen Ihrer Leserinnen und Lesern Glückwünsche erhalten …“. Schnapp – da ist sie schon zu, die Fallfalle!

Der Satz klingt irgendwie falsch, aber warum ? Ganz einfach: weil zwei Formulierungen enthalten sind, die jeweils unterschiedliche Fälle verlangen. „Von vielen“ verlangt den Dativ (3. Fall), „Ihrer“ aber braucht einen Genitiv (2. Fall). Für die „Leserinnen“ ist das egal, weil sie im 2. und 3. Fall gleich geschrieben werden. Aber bei den „Lesern“ haben wir ein Problem: So wie es oben formuliert ist, passt „Lesern“ zu „von vielen“ aber nicht zu „Ihrer“. „Ihrer Lesern“, das mag einfach kein Ohr über sich ergehen lassen. Würde man „Leser“ schreiben, so passte es zu „Ihrer“ aber nicht zu „von vielen“. Oder würden Sie etwa „von vielen Leser“ schreiben? Sicher nicht!

Die Formulierung des Herrn Dr. Fischer mag also streng grammatikalisch richtig sein – schön ist sie nie und nimmer. Daher mein Tipp: Vermeiden Sie Formulierungen, die einen Fallkonflikt hervorrufen! Den oben erwähnten Satz hätte man ja auch so schreiben können: „… haben mir viele Ihrer Leserinnen und Leser Glückwünsche gesandt …“ – und schon geht der Satz wie geschmiert ins Ohr.

Ein sauberes Auto mit „miefendem“ Namen

Mitsubishi Motors hat diesen Sommer in Japan den i-MiEV vorgestellt. Ab Anfang 2010 wird die Rechtslenker-Version in Großbritannien eingeführt, im Laufe das Jahres folgen dann die links gesteuerten Modelle für die anderen europäischen Märkte, darunter auch der deutschsprachige Raum. Wir dürfen also gespannt sein, wie gut sich ein Auto bei uns und unseren sprachverwandten Nachbarn verkaufen wird, das auf den Namen „I mief“ hört. Ich glaube, wir werden hier einen ähnlichen Flop erleben, wie ihn der „Pajero“ (schon wieder Mitsubishi!) in Südamerika eingefahren hat; (die Übersetzung von „Pajero“ ins Deutsche überlasse ich den geschätzten Leserinnen und Wichs… äh … Lesern). Beim Duftwasser „Irish Mist“, das unter diesem Namen in den 1970er Jahren in Deutschland eingeführt wurde, lernte man schnell und taufte das Produkt auf „Irisch Moos“ um, bevor nennenswerter Schaden entstanden war. Ob die Japaner bei ihrem „i-MiEV“ auch so vorausblickend sein werden?

Eine nette …

… kleine Stilblüte habe ich heute im Nachrichtenportal pressetext austria gelesen: „Der US-amerikanische Physiker John Hunter hat ein Modell eines gigantischen Luftgewehrs vorgestellt, das Frachtgut ins Weltall abschießen soll. […] Zusammen mit zwei weiteren Wissenschaftern soll das Unternehmen ‚Quicklaunch‘ in die Tat umgesetzt werden.“ Was mich daran brennend interessiert: Welche Technik wenden die an, um die beiden Wissenschafter in die Tat umzusetzen? Klingt interessant, vielleicht sollte ich mich auch mal in die Tat umsetzen lassen. Solange die mich nicht gleich mit ins All schießen …

Wunderbar …

… finde ich die Printanzeige, die der Personalberater Monster derzeit die heimischen Medien rauf und runter schaltet. Der Text lautet: „NOCH NIE war es so einfach, seinen Traumjob zu finden. Außer als Astronaut vielleicht. Aber sonst wirklich alles.“ Ich finde die Art, wie hier mit Sprache gespielt wird, großartig. Das fett und in Versalien gedruckte NOCH NIE zieht natürlich gleich den Blick auf sich. Aber darum geht es mir hier nicht; sondern um die Art, wie im weiteren Verlauf des Textes Sinnhaftes mit Sinnlosem auf witzige Weise vermischt wird. Dadurch bleibt man irgendwie daran hängen. Man kann sich zwar vorstellen, was gemeint ist, aber tatsächlich ergibt das Ganze keinen Sinn. Es ist nämlich semantisch, also in seinem Zusammenhang, nicht logisch. Schon der erste und der zweite Satz lassen in ihrer Kombination keine eindeutige logische Schlussfolgerung zu. Und dann kommt noch dieses freche „Aber sonst wirklich alles“ am Schluss daher – das ist das Tüpfelchen auf dem i. Damit wird der Text wirklich schräg. Monster bringt dadurch Humor und Selbstironie in seine Anzeige – und das ist immer wieder erfrischend, bei der Menge an Selbstbeweihräucherung, die wir in der Werbung sonst erdulden müssen.

Aufmerksame und kritische Leser dieses Blogs (Niklas, z.B.) könnten jetzt einwenden: „Der weiß ja selber nicht, was er will. Dauernd wettert er gegen mangelnde Verständlichkeit von Texten und jetzt will er uns erzählen, dass gerade dadurch die Aufmerksamkeit steigt.“ Stimmt, darin liegt ein gewisser Widerspruch. Meiner Meinung nach ist es aber ein Unterschied, ob ich bewusst und auf witzige Weise für Verwirrung sorge oder unbewusst und langweilig. Im ersten Fall steigt die Aufmerksamkeit, im zweiten – drei mal dürft Ihr raten!

Lang, lang ist’s her …

… seit ich den letzten Eintrag geschrieben habe. Falls es da draußen im weltweiten Gewebe Leute gibt, die ab und zu hier vorbeischauen (manche versichern mir glaubhaft, dass sie dazu zählen), dann ersuche ich sie um  Nachsicht.

Jedenfalls ist der Sommer mehr oder weniger vorbei, im Kalender vielleicht nicht, aber vom Gefühl her definitiv. Naja, irgendwie ist es ja auch ganz gemütlich, wieder Pullover anzuziehen; und das erste abendliche Kaminfeuer wird demnächst entfacht.

Um beim Thema Text zu bleiben: War ja nur eine Frage der Zeit, bis hier einmal jener Mann zur Sprache kommt, der wie kein anderer im heurigen Jahr mit prägnanten Worten die Welt beeindruckt und ein Land verändert hat – Barack Obama. Der Spruch „Yes, we can!“ ist so gut, dass man sich eigentlich fragt, warum vorher noch nie jemand drauf gekommen ist. Als Wahlslogan hat dieser starke Satz eine Eigendynamik entwickelt, die bewundernswert ist.

Leute wie Obama sind der Beweis dafür, wie wichtig der sprachliche Ausdruck ist, um Menschen zu beeindrucken. Seinen Sinn für Überzeugungskraft durch prägnante Sprache hat der US-Präsident auch bei seiner gestrigen Rede zur geplanten Gesundheitsreform bewiesen. Da ließ er folgenden Satz verlauten: „I know I’m not the first president who takes on this problem – but I’m determined to be the last.“ Zack – das sitzt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Unternehmen, die sich in ihrer Kommunikation prägnant ausdrücken, werden besser wahrgenommen als solche, die ihre schriftliche bzw. sprachliche Kommunikation vernachlässigen oder dem Zufall überlassen. Dabei spreche ich nicht primär von Werbeslogans – die werden ja meist an Spezialisten ausgelagert, die ihre Arbeit sehr gut machen. Was ich meine, ist die tägliche Kommunikation in Presseaussendungen, Online-Texten, Briefen, Broschüren etc. Hier liegt ein großes Potenzial für Unternehmen, ihre Kunden, Zielgruppen etc. positiv zu beeindrucken, das sehr oft nicht genutzt wird.

Schluss ist nicht gleich Schluss

Diesmal geht es um das Thema Sprachmelodie. Ich finde es sehr interessant, dass sich der Charakter eines Satzes nur durch Umstellen der einzelnen Satzteile manchmal komplett verändert – und zwar wegen der Sprachmelodie. Nehmen wir folgenden Text als Beispiel: Farben spielen in der subjektiven Wahrnehmung von Menschen eine wichtige Rolle. Diesem Bereich haben wir bei der Entwicklung des railjet daher große Aufmerksamkeit gewidmet. Außerdem vervollständigen leicht gefärbte, indirekte Lichtelemente die angenehme Stimmung im railjet.“ Der ganze Text endet mit diesem Absatz; dass es sich um das Ende handelt, sollte hier irgendwie mitschwingen – tut es aber nicht. In dieser Form ist es kein guter Schluss. Jetzt bauen wir den Satz nur ein wenig um, sodass sich der Absatz so liest: „Farben spielen in der subjektiven Wahrnehmung von Menschen eine wichtige Rolle. Diesem Bereich haben wir bei der Entwicklung des railjet daher große Aufmerksamkeit gewidmet. Leicht gefärbte, indirekte Lichtelemente vervollständigen die angenehme Stimmung im railjet.“ Und schon eignet sich der gleiche Satz als Schluss – witzig, oder?

Ich gebe zu: Das sieht auf den ersten Blick ein wenig nach Haarspalterei aus. Aber wenn man sich die Betonung der Worte genauer ansieht, wird es klarer. Im ersten Satz liegt die Betonung entweder auf „Lichtelemente“, auf „Stimmung“ oder gar auf dem letzten Wort „railjet“. Dadurch kommt keine passende Sprachmelodie zustande. In der zweiten Version aber liegt die Betonung – wenn der Satz richtig gelesen wird – auf „vervollständigen“; ab dann geht der Tonfall nach unten und schließt so den Text passend ab.

Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht …

Liebe Textblog-Besucher! Lesen Sie einmal folgenden Satz: „Generationen von Besuchern und Sankt Petersburgern haben sich in den berühmten Weißen Nächten auf langen abendlichen Spaziergängen am Ufer der Newa von ihrer Schönheit verzaubern lassen.“ Alles klar? Nicht wirklich! Denn der Autor hat seinen Satz mit so vielen Einschüben versehen, dass man nicht mehr versteht, was er meint. Wovon haben sich Generationen von Besuchern und Sankt Petersburgern verzaubern lassen: Von der Schönheit der Weißen Nächte, der langen abendlichen Spaziergänge, der Newa oder gar von ihrer eigenen? Alles ist möglich – nicht nur beim Lotto, auch bei manchen deutschen Sätzen, wie man sieht. Hier wären zwei Regeln für bessere Verständlichkeit angebracht gewesen: 1.) Ein Satz sollte nie mehr als 25 Worte haben, und 2.) weniger ist mehr.

Mein Vorschlag, um alles Wichtige unterzubringen und dabei verständlich zu bleiben: „Generationen von Besuchern und Sankt Petersburgern haben sich schon von der Schönheit der Newa verzaubern lassen.“ Damit wäre einmal das Wichtigste gesagt – und alle haben’s verstanden. Jetzt folgt ganz gemütlich der Rest: „Ihre Ufer laden vor allem in den berühmten Weißen Nächten zu langen abendlichen Spaziergängen ein.“ Wie so oft zeigt sich, dass es besser ist, zwei kürzere Sätze als einen langen zu schreiben. Ihre Leser werden es ihnen danken, und vor allem: Ihre Botschaft wird besser verstanden!

Was ich ja auch recht interessant finde, …

… ist die Unterscheidung zwischen „beide“ und „die beiden“. Die meisten Menschen denken, es gäbe dazwischen keinen Unterschied. Meiner Meinung nach gibt es den aber sehr wohl: „beide“ hat eine trennende Bedeutung, „die beiden“ eine verbindende. Bahnhof? Okay, ich formuliere es deutlicher:

Neulich las ich in einer Zeitschrift folgenden Satz: „Beide Seiten lieferten sich tagelange Gefechte.“ Alles klar? Ich finde nicht. Hier bekämpft sich nämlich sowohl die eine als auch die andere Seite tagelang selbst. Es müsste heißen: „Die beiden Seiten lieferten einander tagelange Gefechte.“ Der Grund liegt in der Sprachmelodie: Im ersten Fall liegt die Betonung auf „beide“, weil es das erste Wort ist. Im zweiten Satz wird automatisch „Seiten“ betont, wodurch der Satz eine andere Bedeutung erhält. Den Unterschied zwischen „sich“ und „einander“ brauchen wir ja nicht zu besprechen.

Starten Sie mit klaren Formulierungen!

Heute habe ich wieder eine Formulierung gelesen, die mir schon oft aufgefallen ist. Also mache ich sie in alter Manier gleich zum Thema für diesen Blog. Es handelt sich um die sprachliche Wendung „XY startet durch“. Oft trifft man sie als Titel eines Artikels oder Pressetextes an. Im konkreten Fall handelt es sich um den Titel einer Presseaussendung, nämlich: „Klima- und Energiefonds startet durch“.

Ich frage mich immer, wenn ich so einen  Satz lese: Warum startet der „durch“? Gab es ihn schon und er kommt jetzt in einer neuen Form wieder? „Durchstarten“ hat nämlich eine ganz klare Bedeutung. Der Begriff kommt aus der Fliegerei: Hier bedeutet durchstarten den Vorgang, einen Landeanflug abzubrechen und das Flugzeug noch einmal in die Höhe zu ziehen. Nur ist das hier ganz offensichtlich nicht gemeint.

Ich vermute, jemand, der diese Wendung im oben beschriebenen falschen Zusammenhang benutzt, möchte damit dem Wort „starten“ eine stärkere Bedeutung verleihen. Als ob „durchstarten“ nach mehr klänge als „starten“. Tut es aber nicht. Es verwirrt nur. Es macht einen Text weniger gut verständlich; und wieder einmal sind wir beim Motto „Weniger ist Mehr“ – wie so oft beim Schreiben. Wenn der Verfasser das Wort „starten“ schon verstärken will, warum tut er es dann nicht einfach? Zum Beispiel, indem er schriebe: „Klima- und Energiefonds startet mit viel Optimismus“, „Klima- und Energiefonds startet aussichtsreich“, „Klima- und Energiefonds startet vielversprechend“, „Klima- und Energiefonds startet voller Elan“ oder was auch immer er möchte. Das alles sagt etwas aus. „Klima- und Energiefonds startet durch“ sagt gar nichts aus. Es lässt den Leser im Dunkeln über den Sinn der Formulierung und mindert dadurch die Aufmerksamkeit.